Nach einer komplizierten Geburt drücken sich die Ängste meist in Versagens- und Verlustängste aus.
Manche Mütter haben das Gefühl, nicht einmal zum 'normalen' Gebären fähig zu sein. Sie meinen, völlig versagt zu haben und werden von schlechtem Gewissen geplagt.
Andere wieder haben schreckliche Angst um ihr Kind und stellen es quasi unter einen Glassturz. Nachdem diese Ängste tief gespeichert sind und unbewusst regieren merken sie nicht die vielen Chancen, die sie dem Kind bei der Entwicklung verwehren.
Der Grund liegt oft darin, dass die Gebärende während der Geburt ein- oder mehrmals Angst hatte, dem Kind könnte was passieren, es könnte was schiefgehen, das Kind könnte noch im letzten Augenblick sterben.
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Eine Klientin erzählt von ihrer so komplizierten und schmerzhaften Geburt. Aufgrund der Auswirkungen war der Albtraum aber dann nicht vorbei. Das Kind war nämlich durch diese lange Prozedur so erschöpft, dass es in den ersten Tagen gar nichts trinken wollte / konnte. Höchstwahrscheinlich haben die Medikamente während der Geburt auch zu diesem Zustand beigetragen, denn das Kind hat ja alles über das Blut genauso erhalten. Also war der Stress für dieses kleine Geschöpf gewaltig. Zusätzlich zu der ohnehin argen Belastung: Einmal Wehen und der Befehl: 'Es geht vorwärts!' Dann plötzlich wieder Stop, kurz drauf wieder die Enge und der Sauerstoffmangel durch das Abdrücken der Nabelschnur usw.
Weil die Kleine nicht getrunken hat, war der Bilirubinwert hoch und sie musste stundenweise unter die Blaulichtlampe. Das führte zu neuerlichen Verlustängsten und großer Angst bei der Mutter. Angst, keinen Zugang zum Kind zu bekommen, weil sie ja gelesen hatte, dass die ersten Momente und Tage die wichtigste Zeit für das so wichtige Bonding wäre.
Dann die Probleme beim Milcheinschuss, weil das Kind ja nicht getrunken hatte und die Schmerzen massiv waren.
Die Hormonumstellung verstärkte natürlich all diese Probleme, sodass die junge Mutter keine Spur von Glücklichsein verspürte, sondern permanent weinen musste. Als Tüpfelchen auf dem 'i' war dann auch noch die Schwiegermutter mit provokanten Ratschlägen zu Besuch. Alles in allem verlief diese Geburt also absolut nicht so, wie sich diese an sich lebensfrohe junge Frau den Empfang ihres ersten Kindes vorgestellt hatte.
Eine Klientin schildert mir den Geburtsverlauf:
"Am Abend haben sich die ersten Wehen in regelmäßigen Abständen gemeldet. Ich habe im Spital angerufen und erfahren, ein warmes Bad zu nehmen. Die Wehen sind daraufhin noch eine Spur intensiver geworden, also sind wir gegen 22 Uhr ins Krankenhaus gefahren. Wir waren zwar aufgeregt, aber voll Freude. Weil meine Schwangerschaft so unproblematisch verlaufen war, war ich sicher, das würde auch beim Gebären so sein. Darum habe ich mich auch nicht gemeldet. Ich wollte mich nicht unnötig mit negativen Beispielen und Gedanken belasten. Heute weiß ich, dass dies ein Fehler war. Es wäre besser gewesen, wenn ich mich vorher mit möglichen Problemen auseinandergesetzt hätte, dann wäre ich nicht so unbedarft gewesen.
Wegen eines verlängerten Wochenendes war weniger Personal als sonst, auch meine Hebamme mit der ich einige Male geredet hatte und die für mich zuständig gewesen wäre, war nicht da. Zusätzlich war noch eine andere Geburt im 2. Kreissaal. Dementsprechend wenig hat sich die Hebamme um mich kümmern können.
Somit waren mein Mann und ich mit den immer stärker werdenden Wehen allein. Wir mussten aber eh noch die Empfangsworte verdauen, nämlich: "Warum sind Sie denn schon gekommen? Das dauert ja sicher noch lang!" Als wenn ich das wissen könnte...
Um Mitternacht waren dann die Wehen so arg, dass ich wieder nach der Hebamme geläutet habe. Sie hat gemeint, der Muttermund wär schon weit offen und es würde somit bald losgehen. Dann hat sie mir Wehenhemmer gegeben, damit ich mich entspannen kann. Ich habe sie aber gar nicht drum gebeten. Ich habe mich zwar geärgert, aber nichts gesagt, weil ich ja gedacht habe, das wäre normal. Die Hebamme ist wieder abgezischt und wir haben also wieder gewartet.
Nach einiger Zeit hat sie mir ein CTG geschrieben und bemerkt, dass die Herztöne schlechter wurden. Schnell hat sie mir Wehenverstärker angehängt, worauf die Wehen fast explosionsartig eingesetzt haben. Es war kaum zum Aushalten, drum habe ich wieder Wehenhemmer bekommen. Wieder habe ich diese nicht eingefordert, aber ich wurde überhaupt nicht gefragt. Wieder habe ich mich über den unerwünschten Stopp geärgert, habe aber wieder nichts gesagt, sondern gedacht, das muss wohl so sein, weil ich ja keine Ahnung habe. Mehrmals ist diese Prozedur in den nächsten zwei Stunden so weitergegangen. Ich war schon völlig fertig, weil ich immer wieder von heftigsten Wehen zu einer ungewollten Pause verdonnert worden bin. Es war eine Hochschaubahn der Gefühle und Schmerzen.
Dann hat die Hebamme endlich gemeint, ich solle pressen. Ich hab gedacht: "Endlich! Jetzt ist es bald vorbei!" Aber dem war nicht so, weil das Baby nicht und nicht rauskommen konnte. Plötzlich war eine Ärztin da und etliche Schwestern - alle im OP-Gewand. Sie haben von Notkaiserschnitt geredet! Ich habe so viel Angst bekommen! Ich wollte mein Baby doch ganz normal und problemlos entbinden!
Ständig haben sie mir in der Scheide herumgebohrt und ich hatte nur noch einen einzigen massiven Schmerz da unten. Ich hatte auch keine Wehenpause mehr, und drum auch gar keine Ahnung mehr, wann es sich um eine Presswehe handeln würde und wann nicht. Einmal hat mich die Ärztin zum Pressen aufgefordert, dann wieder angeschrien, doch nicht zu pressen. Es war ein einziger Albtraum! Noch nie im Leben bin ich mir so hilflos und ausgeliefert vorgekommen. Ich habe mich als totale Versagerin gefühlt. So viele Frauen haben schon Kinder bekommen. So viele haben unproblematisch entbunden, nur ich wäre unfähig dazu!"
Sie weint und nachdem sie diese Erinnerung bewältigt hat, erzählt sie weiter.
"Gleichzeitig habe ich die Unsicherheit und Angst des Personals gespürt, was meine Angst noch mehr gesteigert hat. Endlich hab ich die Hebamme sagen hören: Ich schneide! Im selben Moment ist mir ein Schmerz bis ins Hirn gefahren! Weil ich keine Presswehen mehr gespürt habe, hat sie irgendwann geschnitten. Aber das war die Rettung für meine Tochter!
Die Ärztin hat sich über meinen Bauch gelehnt und mit aller Wucht draufgedrückt, während ich mit voller Kraft gepresst habe. (Sie zeigt mir den riesigen tief blauen Fleck am Bauch.) Dann war endlich der Kopf durch und sie haben gesehen, warum das vorher nicht möglich war. Die Kleine hatte die Nabelschnur doppelt um den Hals geschlungen. Die Nabelschnur war aber so unglücklich eingezwickt, dass sie das Kind immer wieder am Rauskommen gehindert hat."
Die Frau schweigt nachdenklich. Dann sagt sie leise mit Tränen in den Augen:
"Ich habe immer von dem Moment geträumt, wo mir mein Kind sofort nach der Geburt auf meinen Bauch gelegt wird und erst nach einiger Zeit die Nabelschnur durchtrennt wird. Aber dann war alles anders! Wenn's blöd hergegangen wäre, wär sie mir gestorben..."
Wieder Pause. Dann etwas lauter:
"Sie haben sich natürlich sofort um die Kleine gekümmert, weil ihr Kopf blitzblau war. Sie haben sofort die Nabelschnur durchtrennt und sie weggenommen. Wie ich sie dann wieder gekommen habe, war überhaupt nichts zu spüren, außer Enttäuschung und Leere."
Die junge Mutter weint wieder.
"Ich versteh bis heute nicht, warum die mir immer wieder abwechselnd Wehenhemmer und Wehenverstärker angehängt und mich so lange hingehalten haben, bis sie endlich reagiert haben. Am wenigsten aber verstehe ich, warum sie mir keine Ultraschalluntersuchung gemacht haben. Die Nabelschnurumschlingung hätte man doch sehen müssen, wo sie doch sonst auch alles sehen. Stattdessen haben sie mein Kind und mich gefährdet."
Die Frau ist sehr aufgebracht und wütend über die 'Unfähigkeit', wie sie das Vorgehen des Personals bezeichnet. Sie ist wütend über diese Hilflosigkeit, der sie ausgesetzt war, über den Umgang, wie die Ärztin mit ihr geredet hatte, über die Ohnmacht, weil ohne zu fragen über sie bestimmt wurde. Und sie ist sehr zornig auf sich selbst, weil sie sich vorher nicht besser mit möglichen Problemen und Folgen auseinandergesetzt hat.
Zu allererst hatten wir die vielen belastenden Emotionen abgebaut, wie Ängste, v.a. die große Angst, zu wenig Bindung zum Baby zu haben. Dann Wut, Zorn, Schuldgefühle, Versagensängste, das hilflose Ausgeliefertsein, die Ohnmacht, Traurigkeit usw. Danach war die junge Mutter um ein Vielfaches ruhiger. Zum Abschluss bekam sie noch Unterstützung für den Heilungsprozess von Bauch und Beckenboden.
Schon nach der ersten Sitzung ging es der Frau sichtlich besser, die Tränen stiegen nur noch selten hoch, die Stillsituation besserte sich zusehends, weil die Mutter ruhiger und stabiler wurde und somit nicht mehr so hektisch, gereizt und ängstlich war.
Sie war noch einige Male da, um aufkommende Probleme gleich abzufangen und die vielen neuen Situationen gut zu festigen. Immer wieder bekam sie auch Zeiten der Ruhe und Entspannung, was den gesamten Heilungsprozess beschleunigte. Sie war bald eine glückliche Mutter, die selbstbewusst und sicher ihr Kind versorgen konnte.
Die Wunden dieser traumatischen Geburt wurden also nicht nur verdrängt, sondern heilten schnell an Körper und Seele.
Das Baby fühlte sofort die zunehmende Sicherheit der Mutter und war ausgeglichen. Es bekam ebenfalls kurze Sitzungen zur Entspannung und Regeneration. Es trank immer besser und das Bilirubin wurde rasch abgebaut.
Im Nachhinein hatte meine Klientin gemeint, dass sie bei der 2. Schwangerschaft sicher schon frühzeitig zu mir kommen würde, damit sie für etwaige Probleme gewappnet wäre. Sie wird sicher auch weiterhin von Zeit zu Zeit kommen, um neue Herausforderungen gut bewältigen zu können und Energie aufzutanken.
Eine Frau, die nicht nur gut auf sich achtet, sondern mit dem regelmäßigen Kommen auch viele Probleme gar nicht erst Überhand nehmen lässt.
Das dient in weiterer Folge auch
10 Gelegenheiten, um die Geburt gut zu verarbeiten und trotz Probleme als schönes Erlebnis zu integrieren:
Das können Sie!
Und ich freue mich, wenn ich Ihnen dabei mit meiner Erfahrung, meinem Wissen und meinem Einfühlungsvermögen helfen darf - inkl. meiner individuell an Sie angepassten Techniken und Methoden.